Gefährliche Internet-Challenges

Challenges sind die moderne Version der Mutprobe. Sie verbreiten sich insbesondere auf TikTok rasend schnell. Das Spektrum reicht dabei von harmlosen Tanz-Challenges bis zu riskanten und gefährlichen Herausforderungen. Aber auch die Nachahmung von nicht altersgemäßen oder gewalttägigen Inhalten kann zum Internet-Phänomen werden. Viele Eltern machen sich verständlicherweise Sorgen oder sind verunsichert, wie sie mit viralen Hypes umgehen können. In diesem Artikel finden Sie Tipps, wie Sie über Risiken von Challenges aus dem Internet in der Familie sprechen können.

Was sind TikTok-Challenges?

Von einer Mauer springen, etwas Ekliges trinken oder einen Käfer in der Hand halten – Mutproben und Herausforderungen, mit denen Kinder und Jugendliche sich gegenseitig anstacheln, sind keine Erfindung des digitalen Zeitalters. Internet-Challenges (dt. "Herausforderung") haben der klassischen Mutprobe jedoch ein neues Gesicht gegeben. Vor allem über TikTok verbreiten sich die kurzen Videos mit neuen Herausforderungen rasend schnell und sorgen für neue Trends unter Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen. Jugendliche haben oft den Eindruck, sich nicht nur innerhalb des Freundeskreises, sondern auch vor einem riesigen Publikum im Internet beweisen zu müssen. Dadurch kann sozialer Druck entstehen, an Challenges teilzunehmen.

Selbstverständlich wollen Eltern ihre Kinder dabei vor möglichen Risiken und leichtsinnigem Verhalten bewahren. Wichtig ist es zu verstehen, welche Bedeutung die Teilnahme an Challenges für Jugendliche haben kann. Nicht alle Challenges sind schlecht oder gefährlich, aber sowohl Eltern als auch Jugendliche sollten unterscheiden können, wo der Spaß aufhört und mögliche Gefahren real werden

Mitgerissen vom Hype: Welche Risiken bergen Challenges für Jugendliche?

Obwohl es auch harmlose Mitmachaufrufe, wie beispielsweise Tanz-Herausforderungen gibt, tauchen immer wieder Internet-Challenges auf, die mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind. Die "Cinnamon Challenge", bei der ein Löffel Zimtpulver geschluckt werden sollte, führte bei vielen teilnehmenden Personen zu Husten, Verschlucken und sogar akuter Atemnot sowie allergischen Reaktionen. Die "Salt & Ice Challenge" wiederum hatte es zum Ziel, bewusst Kälteverbrennungen hervorzurufen und auszutesten, wer den Kälteschmerz am längsten aushält. Bei der "Choking Challenge" sollten Jugendliche sich selbst bis zur Bewusstlosigkeit würgen. Dabei kam es sogar zu Todesfällen.

Für Kinder und Jugendliche ist es nicht ungewöhnlich, sich bestimmten Herausforderungen zu stellen und dabei vielleicht auch manchmal leichtsinnig zu handeln. Der Vergleich mit anderen Jugendlichen, der Wunsch ein anerkannter Teil der Gruppe zu sein und sich außerdem als besonders mutig, lustig oder cool hervorzutun, ist im Jugendalter ein ganz normaler Prozess: Die Anerkennung Gleichaltriger zählt dabei häufig mehr als die Zustimmung der Erwachsenen. Und obwohl Mutproben unter Jugendlichen kein neues Phänomen sind, verbreiten sich aktuelle Trends über die sozialen Medien rasend schnell. Mit einem entsprechenden Hashtag erreichen die Challenges über verschiedene Netzwerke schnell eine "virale" Form, die ganz eigene Risiken birgt:

  1. Auf Social Media werden viele Inhalte stets von einem großen "Publikum" kritisch beäugt und weiterverbreitet: Wird ein Kind öffentlich zu einer Challenge herausgefordert, steigt der Druck, sich der Herausforderung zu stellen, um nicht vor aller Augen die Anerkennung der anderen Jugendlichen zu verlieren.

  2. Für viele Kinder und Jugendliche erscheint die Teilnahme an solchen Challenges als Schlüssel für Anerkennung und Ruhm im Internet. Über den jeweiligen Challenge-Hashtag werden ihre Beiträge für andere sichtbarer und erzielen womöglich mehr Likes. Somit eifern sie auch Trends nach, bei denen Verletzungen und Unfälle möglich sind.

  3. Durch die Schnelllebigkeit des Internets verschwinden Trends häufig genauso schnell wieder, wie sie aufgetaucht sind. Um die Aufmerksamkeit des Publikums nicht zu verlieren, lassen sich viele Personen im Internet zu immer riskanteren oder schockierenden Herausforderungen hinreißen.

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In der fiktiven südkoreanischen Serie "Squid Game" treten 500 Personen bei bekannten Kinderspielen gegeneinander an. Doch wer unterliegt, scheidet nicht nur aus, sondern verliert auch sein Leben. Obwohl die Serie erst ab 16 Jahren empfohlen wird, erinnert das bunte Design an Videospiele und Comics, und vermischt Elemente von Gewalt mit spielerischen und kindlichen Bildern. Das macht sie auch für ein jüngeres Publikum interessant, welches von den Inhalten jedoch verängstigt und überfordert sein kann. 2021 sorgte der Hype um die Serie für Schlagzeilen, da einige Kinder und Jugendliche gewaltsame Szenen nachspielten oder in Anlehnung an die Handlung Bestrafungen für eigentlich harmlose Spiele einführten.

Kinder über Challenges aufklären: Lösungsansätze für Konfliktsituationen

Wenn Sie darauf aufmerksam werden, dass sich auf Social Media oder sogar bereits im Umfeld Ihres Kindes riskante Challenges verbreiten, sollten Sie bestenfalls proaktiv reagieren. Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über Ihre Sorgen und Bedenken. Fragen Sie etwa, was genau an bestimmten Challenges so faszinierend für Ihr Kind ist oder über welchen Weg es überhaupt von dem Hype erfahren hat. Besprechen Sie mögliche Ursachen, weshalb insbesondere jüngere Menschen häufig an Challenges teilnehmen (z. B. Internet-Ruhm, Grenzen austesten, Gruppenzwang).

Am besten suchen Sie in einem ruhigen Moment das Gespräch zu Ihrem Kind, um es über mögliche Risiken aufzuklären, die Sie bei bestimmten Challenges sehen:

  • Gehen Sie der Ursache auf den Grund, weshalb Ihr Kind sich für bestimmte Challenges oder problematische Inhalte interessiert: Steckt dahinter Neugier oder eher Gruppenzwang? Im Gespräch können Sie z. B. auch weitreichendere Konsequenzen einiger Challenges beleuchten, die Ihrem Kind vielleicht gar nicht bewusst waren. 

  • Bringen Sie zum Ausdruck, dass es keineswegs mutig oder cool ist, sich selbst oder andere in Gefahr zu bringen und bestärken Sie Ihr Kind darin, sich keinen Risiken auszusetzen. Betonen Sie, dass es absolut in Ordnung ist, nicht an riskanten Challenges teilzunehmen und selbstbestimmt "nein" zu sagen.

  • Mit älteren Kindern können Sie gemeinsam Zeitungsartikel oder Erfahrungsberichte zu gefährlichen Challenges recherchieren und die darin geschilderten Konsequenzen diskutieren. Zeigen Sie auch auf, dass Inhalte im Internet auch vorgetäuscht oder stark bearbeitet sein können und daher vielleicht harmloser erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind.

Auch wenn Sie sehr besorgt sind, können Anschuldigungen oder Vorwürfe dazu führen, dass sich Ihr Kind missverstanden fühlt und tendenziell eher abblockt. Obwohl Sie Ihre Sorgen oder Kritikpunkte natürlich anbringen können, ist ein möglichst vorurteilsfreies Gespräch oft zielführender.

Gefahren durch Internet-Hypes & Gruppenzwang: Was Eltern tun können

Es ist verständlich und völlig normal, dass Eltern Ihre Kinder vor schädlichen Einflüssen schützen und vor Gefahren bewahren wollen. Dass Ihr Kind im Internet trotz bester Bemühung manchmal problematischen Inhalten begegnet oder von seinen Freundinnen und Freunden zu riskanten Aktionen herausgefordert wird, lässt sich jedoch nicht immer verhindern.

Daher ist es umso wichtiger, gemeinsam Lösungsstrategien zu finden, die Medienkompetenz Ihres Kindes zu fördern und sein kritisches Denkvermögen zu stärken. Mit Ihrer Unterstützung kann es die nötige Widerstandskraft gegen Gruppenzwang aufbauen, um zu wirklich riskanten Challenges deutlich "nein" zu sagen. Nachfolgend finden Sie die Tipps zum Umgang mit Hypes und Challenges zusammengefasst:

  • Bleiben Sie mit Ihrem Kind über Internet-Trends im Gespräch: So können Sie einerseits besser verstehen, was Kinder und Jugendliche an manchen Herausforderungen oder Hypes fasziniert; andererseits können Sie auch besser präventiv eingreifen, da Sie frühzeitig auf mögliche Gefahren aufmerksam werden.

  • Taucht eine bedenkliche Challenge im Internet auf, besprechen Sie offen Risiken und Konsequenzen mit Ihrem Kind – so kann es in der Zukunft bei ähnlichen gefährlichen Trends die Gefahren selbst auch besser abschätzen.

  • Bestärken Sie Ihr Kind darin, sich nicht in unnötige Gefahr zu begeben und Gruppenzwang nicht nachzugeben. Ein Hauptgrund für die Teilnahme sind oft gefühlte Erwartungen von Freundinnen und Freunden. Sprechen Sie also mit ihrem Kind über die Wichtigkeit von eigenen Wünschen und Grenzen
    Zeigen Sie außerdem, dass Sie stets für Gespräche zur Verfügung stehen, wenn Ihr Kind Sorgen oder Probleme mit sozialem Druck hat.

  • Melden Sie gefährliche oder rechtswidrige Challenges auf www.jugendschutz.net oder bei der Internet-Beschwerdestelle. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es wichtig ist, solche Challenges nicht weiterzuverbreiten, um nicht weitere Personen zum Nachahmen anzuregen.

  • Halten Sie vor allem auch ältere Jugendliche dazu an, keine Inhalte mit ihren jüngeren Geschwistern zu teilen oder gemeinsam Serien zu schauen, die nicht altersgemäß sind. Prüfen Sie gegebenenfalls auch die Jugendschutzeinstellungen für Internetangebote und Streaming-Anbieter.

  • Tauschen Sie Erfahrungen mit anderen Eltern aus. Eine gemeinsame Strategie ist vor allem vorteilhaft, wenn sich bestimmte Challenges innerhalb des Freundeskreises oder der Klasse Ihres Kindes verbreiten.

  • Sprechen Sie auch die Lehrkraft Ihres Kindes auf das Thema an. Viele Kinder wünschen sich die Thematisierung von Challenges auch in der Schule, um sich über negative Inhalte auszutauschen und Unterstützung zu bekommen.

Bei aller Vorsicht ist es dennoch ratsam, dass Sie Social-Media-Phänomene und Internet-Hypes nicht kategorisch verurteilen. Es gibt auch sehr viele harmlose Challenges, die Kindern und Jugendlichen viel Spaß machen und Ihnen dabei helfen, ihrer Individualität Ausdruck zu verleihen. Manche Herausforderungen können sogar einem guten Zweck dienen, wie etwa die "ALS Ice Bucket Challenge", die im Jahr 2014 als Spendenkampagne für die Nervenkrankheit ALS genutzt wurde. Eine allgemeine Verurteilung der digitalen Jugendkultur würde bei Heranwachsenden zu Ablehnung und Frustration führen. Daher kann es helfen, im Gespräch zu bleiben und so auch als Elternteil an der Jugendkultur in gewissem Maß teilzuhaben.