Die Digitalisierung in Deutschland schreitet immer weiter voran. Die nötigen Kompetenzen für den Umgang mit digitalen Medien sollen unter anderem in Schulen vermittelt werden. Über den "Digitalpakt Schule" wollen Bund und Länder dies erreichen und die Schulen mit den dafür notwendigen Geräten ausstatten. Lehrkräfte sind dabei an vorderster Front gefragt. An vielen Schulen werden Unterrichtsstunden bereits mit digitalen Hilfsmitteln durchgeführt und Schülerinnen und Schüler haben Videoportale schon seit geraumer Zeit auch für Lerninhalte für sich entdeckt.
In diesem Artikel wollen wir Ihnen digitale Medieninhalte vorstellen, die Sie als Lehrkraft entweder selbst nutzen oder Ihren Schülerinnen und Schülern zum Lernen an die Hand geben können.
Anforderungen an digitale Lerninhalte
Für Jugendliche sind Smartphone und Computer allgegenwärtig. Sie sind es gewohnt, die Geräte zur Unterhaltung und zum Austausch mit anderen Jugendlichen zu nutzen. Auch zum Recherchieren oder Lernen nutzen nicht wenige Schülerinnen und Schüler die gewohnten digitalen Möglichkeiten. Dabei bieten sich folgende Vorteile:
- zeitliche und örtliche Flexibilität
- Lerntempo kann selbst bestimmt werden
- Lernfortschritte sind jederzeit nachvollziehbar
- Interaktivität trägt maßgeblich zum Lernerfolg bei
- Nutzung aktueller Medien fördert die Motivation
Dennoch ist nicht jedes digitale Medium automatisch für die Vermittlung von Lerninhalten geeignet. Für komplexe Zusammenhänge eignen sich eher Videos oder Podcasts. Reine Darstellungen von Abläufen und Sachverhalten sind hingegen als Foto oder Diagramm empfehlenswert. Ein weiter wichtiger Punkt ist die Qualität der Medien. Videos, Podcasts und Co. können heutzutage von fast jeder Person erstellt und hochgeladen werden. Selbst Videos, die als "Lehrvideos" gekennzeichnet werden, können inhaltlich falsch, unvollständig oder qualitativ minderwertig sein.
Lernvideos
Laut JIM-Studie 2020 nutzen 20 % der Mädchen und 32 % der Jungen YouTube, um sich Wissensformate anzuschauen.1 Während der Corona-Pandemie gaben sogar 83 % der Jugendlichen an, YouTube als mediales Lernangebot zu nutzen.2 Besonders beim Homeschooling oder bei den Hausaufgaben sind Lernvideos demnach eine wichtige Ergänzung für den Schulunterricht. Wenn Sie Ihren Schülerinnen und Schülern hilfreiche YouTube-Kanäle empfehlen, können Sie zum einen dafür sorgen, dass qualitativ hochwertige Lerninhalte konsumiert werden. Auf der anderen Seite stärken Sie so Ihre Rolle als kompetente Ansprechperson beim Thema Medien und tragen zur digitalen Lernkompetenz bei.
Nachfolgend finden Sie eine beispielhafte Auswahl an YouTube-Kanälen zur Wissensvermittlung sowie deren Schwerpunkte:
Mathe by Daniel Jung: Mathe
musstewissen Deutsch: Deutsch
maiLab: Chemie & Wissenschaft allgemein
MrWissen2go: Geschichte & Politik
Kurzgesagt: Physik, Umwelt, Biologie & Universum
Bundeszentrale für politische Bildung: Politik & demokratisches Bewusstsein
Obwohl YouTube die Erstanlaufstelle der meisten Jugendlichen ist, gibt es Lernvideos natürlich auch abseits der beliebten Plattform. Die Seite planet-schule.de vom WDR und SWR bietet z. B. ebenfalls ein umfassendes Angebot an Lernvideos, die sich nach Kategorien und Fächern filtern lassen.
Möchten Sie selbst kreativ tätig werden, können Sie Lernvideos auch zusammen mit den Jugendlichen erstellen. Dies kann z. B. im Rahmen eines Schulprojekts stattfinden. Einen Leitfaden dafür, gibt es auf lehrer-online.de.
Podcasts
Im professionellen Podcast-Bereich gibt es bereits ein großes Angebot an Bildungs- und Wissensinhalten. Hier ist vor allem die große Bandbreite interessant, die von reinen Wissensthemen, über Lesungen bis hin zu Originaltönen von Zeitzeugen nahezu alles bietet. Da zudem die Auswahl an fremdsprachigen Podcasts riesig ist, eignen sich diese auch hervorragend zum Lernen von Sprachen. Generell sollten Sie bei der Auswahl auf folgende Punkte achten:
- fachliche Richtigkeit
- Aktualität und Authentizität
- angemessenes Sprechtempo & Dauer
- Anknüpfung an das Vorwissen der Jugendlichen
- Einbindung in den Lehrplan möglich
- Transkript des Hörtextes ist vorhanden
Nachfolgend finden Sie eine beispielhafte Auswahl von Podcasts mit Lerninhalten:
- Deutschlandfunk Nova
- Zeit-Wissen-Podcast
- Learn English – British Council
- Biologie Passion Podcast
- Quarks
- tagesschau Zukunfts Podcast
Anstatt Lerninhalte nur zu Hören, Podcasts einfach selber machen? Werden Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern selbst kreativ. Die Möglichkeiten reichen z. B. vom einfachen Nachsprechen und Hören fremdsprachiger Texte bis hin zu eigenen Nachrichtensendungen, Referaten oder schuleigenen Radio-Sendungen.
Weitere Informationen zum Erstellen eigener Podcasts finden Sie beispielsweise bei der Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e. V.
Apps
Jugendliche haben immer und überall ihr Smartphone dabei. Warum also nicht diese Zeit sinnvoll nutzen, anstatt in sozialen Medien oder Gruppenchats zu versacken? Nachfolgend finden Sie Anregungen für Apps, die potenziell zum Lernen geeignet sind.
Fächerübergreifende Apps (z. B. SimpleClub, Study Smarter, Studyflix)
Mathe-Apps (z. B. Meister im Kopfrechnen, Mathway, Photomath)
Chemie-Apps (z B. Funktionelle Gruppen in Chemie, Periodensystem 2023)
Quiz-Apps (z. B. Geographie Europas, QuizzLand, QuizMaker)
Abstimmungstools (z. B. Mentimeter, Pollie, abstimmungsbox.de)
Wörterbuch-Apps (z. B. dict.cc, linguee, LEO Wörterbuch)
Wikipedia
Sprachlern-Apps (z. B. Duolingo, Babbel, Memrise)
Darüber hinaus bieten sich für Schülerinnen und Schüler natürlich auch Apps an, die dabei helfen, den Schulalltag zu organisieren. Bestimmte Apps unterstützen beispielsweise dabei, Hausaufgaben zu organisieren und den Stundenplan im Blick zu behalten. Zudem gibt es Lernkarten-Apps, mit denen man Karteikarten ganz ohne Zettelwirtschaft erstellen kann. Lernzeit-Apps sorgen zudem dafür, dass Jugendliche konzentriert lernen können, indem sie das Smartphone zu jeweils vordefinierten Zeiten sozusagen "lahmlegen".
Grenzen und Risiken digitaler Lerninhalte
Natürlich können Lernvideos, Podcasts und Apps auf lange Sicht nur als Ergänzung für den Unterricht in Klassenräumen agieren, ihn aber nicht ersetzen. Richtig angewendet, stellen sie aber eine wichtige Komponente für neue interaktive Unterrichtsmethoden dar.
"Flipped Classroom" bezeichnet eine Unterrichtsmethode, bei der die Stoffvermittlung im Unterricht und die Vertiefung des Stoffs zuhause durch Hausaufgaben sozusagen vertauscht werden. Schülerinnen und Schüler konsumieren dabei Wissen selbstständig und in ihrem eigenen Lerntempo mittels Videos und Co. zuhause. Vertiefung und Diskussion über die Lerninhalte finden anschließend in der Klasse gemeinsam statt.
Empfehlen Sie Ihren Schülerinnen und Schülern digitale Inhalte, sollten Sie demnach darauf achten, dass diese zu den speziellen Lerninhalten und zu den individuellen Voraussetzungen Ihrer Schulklassen passen.
Gehen Sie zudem offen mit den Vor- und Nachteilen digitaler Lerninhalte um. Beim Konsum von Lernvideos auf YouTube spielt auch das Thema Werbung eine Rolle. Außerdem können Schülerinnen und Schüler leicht von anderen Videos abgelenkt und zum Weiterschauen animiert werden. Sprechen Sie daher auch das Thema Medienkonsum an und empfehlen Sie stets nur ein gewisses Maß an Video- und Audiotiteln.
Besprechen Sie die digitalen Lerninhalte anschließend im Unterricht, beantworten Sie Fragen und üben Sie gemeinsam Kritik. So bekommen Sie ein Gefühl dafür, welche Inhalte potenziell für den Einsatz im Unterricht geeignet sein können und welche Sie gegebenenfalls selbst mit Ihren Schülerinnen und Schülern umsetzen können.
Wie digitale Wissensvermittlung den Unterricht bereichern kann, welche Möglichkeiten es dabei gibt und was es zu beachten gilt, erfahren Sie im Artikel Digitale Mediennutzung im Unterricht.
Quellen:
[1] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs): JIM-Studie 2020. www.mpfs.de/studien/2020/
[2] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs): JIMplus 2020 Corona Zusatzuntersuchung. www.mpfs.de/studien/jim-studie/jimplus-2020/