Die Balance zwischen positiven und negativen Aspekten der digitalen Welt zu finden, ist oft nicht leicht. Die Corona-Pandemie hat diesen Spagat stärker in den Fokus gerückt: Durch die sozialen Einschränkungen und den Mangel an alternativen Beschäftigungen ist der Medienkonsum in dieser Zeit stark angestiegen. Auch mental war diese Zeit eine Belastung. Zwar kehrt zunehmend wieder "Normalität" ein – die kritische Reflexion des eigenen Medienkonsums und das Bewusstsein für die eigene mentale Gesundheit bleiben weiterhin wichtiger denn je. In diesem Artikel erhalten Sie Anregungen und Methoden, um diese Themen im Unterricht zu integrieren.
Online-Games, in denen man gegeneinander spielt, TikTok Challenges auf dem Schulhof oder Videos auf YouTube – in den Unterrichtspausen beschäftigen sich Heranwachsende gern mit dem Smartphone. Auch nach der Schule wird viel Zeit mit digitalen Medien verbracht. Nicht jedes Kind, dass sich vermehrt mit diesen Medien beschäftigt, hat automatisch ein Problem. Dennoch tritt bei etwa acht Prozent der 12- bis 17-Jährigen eine computerspiel- oder internetbezogene Störung auf1.
Videospiele locken oft mit Belohnungen, Likes führen zur Produktion von Glückshormonen. Gleichzeitig kann die Masse an Informationen und der Druck auf Social Media zu einem stärkeren Stressempfinden führen. Insbesondere Kinder mit einer Neigung zur Depressivität und Ängstlichkeit haben ein erhöhtes Risiko, in ein ungesundes Mediennutzungsverhalten zu rutschen.
Die Medienerziehung als Teil des modernen Schulunterrichts nimmt deswegen eine wichtige Rolle ein. Ziel ist neben der Förderung eines bewussten und gesunden Umgangs mit Medien auch die Stärkung des mentalen Wohlbefindens.
Im Folgenden erhalten Sie unterschiedliche Methoden, Ideen und Konzepte, die Sie für Ihre Unterrichtsplanung nutzen können. In welcher Länge und in welchem Umfang Sie das Thema Mentale Gesundheit und digitaler Medienkonsum mit Ihrer Klasse behandeln möchten, hängt unter anderem vom Alter der Schülerinnen und Schüler sowie dem Vorwissen der Klasse ab.
Ein "Abklopfen" des Vorwissens und der Erfahrungen Ihrer Schülerinnen und Schüler können Sie durch einen Einstieg in Kleingruppen starten:
Die Schülerinnen und Schüler können sich innerhalb einer festgelegten Zeit im kleinen Kreis über Ihre persönlichen Erfahrungen mit Social Media, Smartphone, Online-Games und Co. austauschen.
Jede Gruppe notiert die digitalen Geräte, die Ihnen privat zur Verfügung stehen und mit welchen digitalen Angeboten (Apps, Spiele, etc.) sie geschätzt am meisten Zeit verbringen.
Anschließend moderieren Sie den Austausch dieser Informationen im Klassenverband. So kann eine Sammlung am Flipchart entstehen, auf die Sie auch später immer wieder zurückkommen können.
Mit diesem Einstieg erhalten Sie ein Bild über den Erfahrungshorizont Ihrer Schülerinnen und Schüler und können auf dieser Basis die weiteren Module für Ihre Unterrichtseinheit zusammenstellen.
Medienerziehung im Unterricht – aber wie?
Einen kritischen Umgang mit digitalen Medien durch den Einsatz dieser Medien vermitteln? Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich klingen. Doch gerade hier gibt es inzwischen viele kreative und sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, die dem Thema gerecht werden und gleichzeitig die Medienkompetenz fördern:
Meine Zeit ohne – Die Challenge: Das evaluierte Projekt mit App zur Gewohnheitsänderung richtet sich an Schüler:innen ab Klassenstufe 9 an Berufsschulen und allgemeinbildende. Die Challenge kann als Aktion in der gesamten Schule, in einzelnen Klassen oder als Individual-Challenge durchgeführt werden.
Mit einem Selbsttest können Jugendliche in die persönliche Reflexion des eigenen Mediennutzungsverhaltens einsteigen. Hier bieten sich beispielsweise der Selbsttest zur Smartphone-Nutzung der Landesanstalt für Medien NRW oder der Selbsttest zu Videospielsucht und exzessiver Mediennutzung von "Ins Netz gehen" an. Der Test kann zu Beginn einer Unterrichtsreihe oder -einheit zum Thema im Unterricht oder als Vorbereitung zu Hause von den Schülerinnen und Schülern ausgefüllt werden.
Den eigenen Social-Media-Auftritt reflektieren: Ein Foto posten und zack – innerhalb weniger Minuten folgen Likes und Kommentare. Das schüttet Dopamin aus und vor allem Jugendliche ziehen daraus Bestätigung. Der permanente Vergleich mit anderen Personen kann auf Dauer in unrealistischen Erwartungen an sich selbst und das eigene Leben resultieren. In Einzelarbeiten oder Kleingruppen können Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Social-Media-Profile und ihre damit verbundenen Emotionen und Beweggründe reflektieren. Als Basis kann unser Artikel im Jugendportal genutzt werden: Be yourself – So bleibst du dir auf Social Media treu. Für die Unterrichtsgestaltung finden Sie zu diesem Thema auf Medienkompetenzrahmen NRW weitere Informationen.
Info-Posts erstellen: Social-Media-Plattformen – insbesondere Instagram und Facebook – leben von ästhetischen und hochwertig aufbereiteten Posts. Wo es vor einigen Jahren noch stark um Mode, Beauty oder Reisen ging, erhalten aktuell informative Inhalte immer mehr Beachtung. So nutzen auch Journalistinnen und Journalisten oder Bildungseinrichtungen die sozialen Netzwerke, um ihre Botschaften zu kommunizieren.
In Kleingruppen können die Schülerinnen und Schüler informative Posts zur mentalen Gesundheit und digitalen Medienwelt mit Tools wie zum Beispiel Canva oder PowerPoint erstellen. Eine ausführliche Beschreibung finden Sie hier.Podcast: Auf Basis einer Podcast-Folge des ACT ON!-Jugendpodcasts zum Thema "Social Media und mentale Gesundheit", können sich Kinder und Jugendliche während des Hörens selbst reflektieren, Notizen machen und sich im Anschluss untereinander austauschen. Weitere Informationen und eine Methodenbeschreibung finden Sie hier.
Auch die Produktion eines eigenen Podcasts kann für die Schülerinnen und Schüler eine tolle und vor allem lehrreiche Erfahrung sein. Immerhin wird nicht nur der Umgang mit der Technik geschult. Auch die inhaltliche Erarbeitung und damit die intensive Auseinandersetzung mit den Themen sowie die Zusammenarbeit im Team werden gefördert. Wie der Unterricht mit Hilfe eines Podcasts aufgebaut werden kann, zeigt der Medienpädagogik-Blog der RWTH Aachen.Meine Zeit ohne – Die Challenge: Das evaluierte Projekt mit App zur Gewohnheitsänderung richtet sich an Schüler:innen ab Klassenstufe 9 an Berufsschulen und allgemeinbildende. Die Challenge kann als Aktion in der gesamten Schule, in einzelnen Klassen oder als Individual-Challenge durchgeführt werden.
In den Materialien für die pädagogische Praxis von klicksafe finden Sie zudem zwei umfangreiche Themenhefte zur Unterrichtsgestaltung: "Ommm online – Wie wir unser digitales Wohlbefinden steigern" und "Always ON – Arbeitsmaterial für den Unterricht". Außerdem die "Digital Detox Box" für digitales Wohlbefinden.
Weiterhin gibt es auch verschiedene Offline-Varianten, die Sie für die Unterrichtsgestaltung einsetzen können:
Kartenspiel zur Reflexion der Handynutzung: Das Kartenspiel von handysektor.de ist für Kleingruppen konzipiert und gibt spielerisch Gelegenheit, über die eigene Handynutzung nachzudenken. In Challenges werden die Jugendlichen herausgefordert und können gegeneinander antreten. Ausführliche Informationen und das Kartenspiel zum Download finden Sie hier.
Medien-Emotionen würfeln: Bei diesem Spiel werden zwei Würfel eingesetzt, bei dem ein Würfel mit unterschiedlichen Smileys bedruckt ist und der andere mit Mediensymbolen. Wird beispielsweise ein glückliches Smiley und das Videosymbol gewürfelt, dann sollen die Heranwachsenden erklären, warum ihnen Streaming, YouTube oder TikTok-Videos Spaß machen. Weitere Informationen und eine Bastelvorlage für die Würfel finden Sie bei ACT ON!
Das innovative Peer-Projekt "Net-Piloten" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet Schulen eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema exzessive Mediennutzung. Mehr Infos zu den Inhalten und Ablauf finden Sie hier.
Bei dem Thema Medienabhängigkeit oder depressive Verstimmungen ist eine bedachte und einfühlsame Vorgehensweise im Unterricht wichtig. Es besteht die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler sich wegen einer übermäßigen Mediennutzung angesprochen fühlen und ablehnend oder besorgt reagieren. Um das zu vermeiden, helfen ausgedachte oder überspitzte Fallbeispiele. Ebenso wie der Hinweis, dass ein intensiver Medienkonsum für einen überschaubaren Zeitraum normal ist und nicht sofort Suchtgefahr besteht. Auch persönliche Erlebnisse und "Ich-Botschaften" können Ängste entkräften und so die Gesprächsbereitschaft fördern.
Quelle:
[1] BZgA (2019): Drogenaffinität Jugendlicher. Teilband Computerspiele und Internet. S. 24