"Liken", "Leveln" und "Looten": Begriffe, die in der Erwachsenenwelt oft Fragezeichen aufwerfen, sind für die meisten Jugendlichen alltäglicher Bestandteil ihrer Lebenswelt. Die aktuelle Jugendgeneration ist mit digitalen Medien und all ihren Begriffen, Trends und Hypes aufgewachsen. Sie können nur schwer auf Smartphone, PC und Konsole verzichten und teilweise ein abhängiges Verhalten entwickeln können. 8,4 Prozent der 12- bis 17-Jährigen sind von einer computerspiel- oder internetbezogenen Störung betroffen. Rund 31 Prozent zeigen ein problematisches Nutzungsverhalten.1
Für Eltern, Lehrkräfte und andere Erwachsene ist es nicht immer leicht, Zugang zu Jugendlichen und ihrer medialen Welt zu finden. Aus diesem Grund hat die BZgA im Rahmen der "Ins Netz gehen"-Kampagne ein Peer-Projekt zur Mediensuchtprävention ins Leben gerufen. Dabei werden Schülerinnen und Schüler zu sogenannten Net-Piloten ausgebildet. Ihre Aufgabe besteht anschließend darin, jüngeren Mitschülerinnen und Mitschülern Informationen zur Mediennutzung an die Hand zu geben sowie über Risiken aufzuklären und einen verantwortungsvollen Umgang zu vermitteln.
Obwohl das Projekt dadurch ohne den "erhobenen Zeigefinger" Medienkompetenz vermitteln möchte, ist die Hilfe und Unterstützung durch Eltern, Lehrkräfte sowie Fachkräfte ein wichtiger Bestandteil. In diesem Artikel lesen Sie, welche Rolle Sie als Fachkraft spielen und welche Vorteile das Net-Piloten-Projekt für Ihre Beratungsstelle bringen kann.
Ablauf des Net-Piloten-Projekts und Rolle der Suchtfachstellen
Jugendliche können sich erwiesenermaßen untereinander oftmals besser Inhalte vermitteln, die ihre eigene Lebenswelt betreffen. Besonders beim Thema digitale Medien haben sie häufig ähnliche Präferenzen bei der Nutzung und bewegen sich auf Augenhöhe. Gleichzeitig werden ältere Jugendliche als Vorbild für jüngere Jahrgangsstufen gesehen. Dieses Prinzip nutzt das Net-Piloten-Projekt. Damit die Net-Piloten ihre jüngeren Mitschülerinnen und Mitschüler angemessen anleiten und informieren können, erhalten Sie eine gezielte Ausbildung durch geschulte Fach- und Lehrkräfte.
Um Net-Piloten-Multiplikator:in zu werden, können Sie sich als Fachkraft einer Suchtfachstelle schulen lassen. Kontaktieren Sie dazu die Landesfachstelle für Suchtfragen Ihres Bundeslandes. Die sogenannte Multiplikatorenschulung dauert zwei Tage. Sie erhalten anschließend das BZgA-Durchführungszertifikat, das Sie wiederum zur Ausbildung der Lehrkräfte an den teilnehmenden Schulen befähigt. Im Anschluss erfolgt die gemeinsame Akquise der Net-Piloten unter den Schülerinnen und Schülern (ab der 8. Jahrgangsstufe) sowie deren Schulung.
Nach ihrer Ausbildung sollten Sie die Schulen in Ihrer Region bei der Projektumsetzung noch begleiten. Langfristiges Ziel ist es, die Schulen zur selbstständigen Organisation des Net-Piloten-Projekts zu befähigen und nur im Bedarfsfall beratend zu unterstützen.
Darüber hinaus unterstützen die Suchtfachstellen die Net-Piloten und Lehrkräfte bei der Veranstaltung des Elternabends, bei der ein offener Austausch zum Thema Medienerziehung angestrebt wird.
Vorteile für Suchtfachstellen
Qualifiziertes Angebot zum Thema "exzessiver Medienkonsum" und "Prävention von computerspiel- und internetbezogener Störung"
Innovativer Ansatz zur Suchtprävention und Förderung der digitalen Balance bei Jugendlichen
Gut evaluiertes, bundesweites Projekt zur Prävention bei exzessiver Mediennutzung mit geringem Personalaufwand
Netzwerk- und Austauscharbeit an neuen Schnittstellen der Suchthilfe, Jugendhilfe und Schule
Positive Wahrnehmung der Fachstellen in der Öffentlichkeit
Anerkennung der kommunalen Suchtfachstellen durch Teilnahme am BZgA-Projekt
Da das Projekt einen lösungsorientierten Ansatz verfolgt und alle Beteiligten einbeziehen möchte, kann sich dies auch präventiv im Elternhaus auswirken. Eltern sind besser informiert und können daher aktiver die Medienkompetenz ihrer Kinder fördern und positiv beeinflussen.
Ist diese Basis und die grundsätzliche Bereitschaft für Veränderungen geschaffen, können Sie als Fachkraft sicherer arbeiten und gezielter Strategien entwickeln, um Jugendlichen mit problematischem Mediennutzungsverhalten zu helfen.
Möchten Sie mit Ihrer Fach- oder Beratungsstelle am Net-Piloten-Projekt teilnehmen, können Sie Kontakt zu den entsprechenden Landesstellen für Suchtfragen aufnehmen. Dort sind auch die beteiligten Institutionen in den jeweiligen Bundesländern sowie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für das Net-Piloten Projekt benannt. Dort können Sie sich als Suchtfachstelle Tipps für die Umsetzung holen und zu Schulungsmöglichkeiten in Ihrer Nähe informieren.
Quelle:
1. BZgA (2019): Drogenaffinität Jugendlicher. Teilband Computerspiele und Internet.