Die meisten Jugendlichen scrollen täglich durch TikTok oder Instagram und tauschen sich über WhatsApp und andere Messenger aus. Neben Urlaubs-Selfies, Food-Bildern oder lustigen Videos können ihnen dabei aber auch anstößige und geschmacklose Inhalte oder grausame Gewaltdarstellungen begegnen: sogenannter Tasteless Content. Ob auf extra dafür angelegten Websites, per Chat-Nachricht oder im News-Feed – solche Bilder können Teenager nachhaltig verstören.
Wie Sie in der Familie darüber reden können und Ihr Kind beim Umgang mit verstörenden Inhalten unterstützen oder davor schützen können, lesen Sie in diesem Artikel.
Schockierende Inhalte sind kein neues Phänomen. Viele Bücher und Filme spielen mit grausamen und grotesken Erzählungen und Bildern und möchten damit Reaktionen beim Publikum auslösen.
Der Begriff Tasteless Content bezeichnet speziell solche Inhalte mit schockierenden Darstellungen, die jedoch oft reales Leid oder echte Gewalt zeigen. Nicht nur verstoßen solche Inhalte oft gegen die Menschenwürde der dargestellten Personen, sondern sie können auch beim Betrachtenden Verstörung und Angst auslösen.
Solche Inhalte sind gesetzlich verboten und können auf den meisten Plattformen gemeldet und gelöscht werden.
Wie kommen Jugendliche mit verstörenden Bildern und Gewaltdarstellungen in Kontakt?
Jugendliche können leicht auf Tasteless Content stoßen. Oft findet eine Verbreitung indirekt statt und umgeht Schutzmaßnahmen. Bei sogenannten Reaction-Videos wird nicht der Originalinhalt selbst gezeigt: die Reaktionen von Personen, die sich das schockierende Video anschauen, wecken beim Publikum die Neugier auf das Original. Eine andere Art der Verbreitung sind Beiträge mit angeblichen Warnungen, die dazu auffordern, einen gewissen Inhalt nicht anzuschauen und damit das Gegenteil bewirken möchten.
Laut des Gefährdungsatlas der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz werden solche Inhalte zudem oft mit irreführenden Titeln oder Anfangsszenen versehen, um die Betrachtenden zum Weiterschauen zu bewegen und den Schockmoment zu verstärken.
Mutproben und Challenges fordern zudem aktiv dazu auf, solche Videos anzusehen und die eigene Belastbarkeit gegenüber zunehmend grausamen Inhalten zu testen. Auch können der Reiz des Verbotenen sowie der Drang, persönliche Grenzen auszuloten, Jugendliche dazu verleiten, sich diesen Inhalten auszusetzen.
Gefahren von Tasteless Content - Wie geschmacklose Inhalte Ihr Kind beeinflussen können
Egal, ob Jugendliche sich aktiv Tasteless Content anschauen oder unabsichtlich damit in Kontakt kommen: die grausamen Inhalte können verstören und verängstigen. Medieninhalte sind zwar kein alleiniger Auslöser für Verhaltensänderungen, können jedoch eine verstärkende Wirkung entfalten. Besonders gewalttätige Darstellungen sind problematisch, da sie Kinder und Jugendliche gegenüber Gewalt und Leid „abstumpfen“ lassen oder sie verängstigen können.
Um Kinder und Jugendliche zu schützen, gibt es nicht ohne Grund Regeln zum Jugendmedienschutz , die sie vor besonders grausamen Bildern bewahren sollen. Diese Schutzmaßnahmen sind von großer Bedeutung, damit junge Menschen nur altersgerechte Inhalte sehen, die sie in Ihrer sozial-emotionalen Entwicklung nicht beeinträchtigen. Selbst wenn der Konsum gewalttätiger Inhalte nur einmalig ist, kann er Spuren hinterlassen. Daher ist es wichtig, dass Eltern ihren Kindern Raum geben, sich mitzuteilen und sie bei der Verarbeitung unterstützen. Wenn Sie bei Ihrem Kind Verhaltensänderungen wahrnehmen, sollten Sie diese Beobachtung ernst nehmen. Suchen Sie das Gespräch mit ihrem Kind und nutzen Sie auch weitere Unterstützungsangebote. Unsere Beratungsstellen-Datenbank kann Ihnen bei der Suche nach geeigneten Anlaufstellen helfen.
Neben den persönlichen emotionalen Folgen durch die Interaktion mit verstörenden Inhalten, kann diese zudem rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Jugendlichen ist oft nicht bewusst, dass sie sich mit dem (Weiter)versenden bestimmter Inhalte strafbar machen. Leiten Jugendliche schockierende Videos untereinander weiter, welche als jugendgefährdend eingestuft werden, gilt dies als Bereitstellung Jugendgefährdender Medien an Minderjährige und ist strafbar. Dies gilt bei pornografischen Inhalten darüber hinaus ebenso, wenn der Empfänger zwar volljährig ist, dem Zusenden aber nicht ausdrücklich zugestimmt hat.
Wie Sie Ihr Kind vor Tasteless Content schützen können
Einen vollständigen Schutz vor Tasteless Content gibt es nicht. Die digitale Welt ist für Kinder und Jugendliche leicht zugänglich und es ist unmöglich, alle potenziell schädlichen Inhalte zu kontrollieren oder zu blockieren. Trotz strenger Regeln zum Jugendmedienschutz und der Einrichtung von Jugendschutzfiltern auf Geräten, finden ungeeignete Inhalte leider immer wieder Wege auf die Bildschirme von Jugendlichen. Daher ist es besonders wichtig, dass Sie mit Ihrem Kind in Kontakt bleiben und ein offenes Ohr für seine Sorgen haben. So merken Sie, ob Ihr Kind ein Problem hat oder es etwas beschäftigt.
Beginnen Sie Gespräche mit Ihrem Kind über problematische Inhalte im Netz. So können Sie sich über potentielle Risiken und moralische Aspekte von geschmacklosen Inhalten austauschen und sich als Ansprechperson anbieten. Seien Sie verständnisvoll und einfühlsam, damit Ihr Kind auch bei zukünftigen Problemen auf Sie zukommt.
Tipps zum Umgang mit unangemessenem Content für Jugendliche:
Positiv bestärken: Besprechen Sie die negativen Aspekte von Tasteless Content mit Ihrem Kind. Bestärken Sie es dabei, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.
Vorwürfe vermeiden: Achten Sie darauf, Ihrem Kind nicht die Schuld zuzusprechen, sollte es doch mal ein Tasteless Video angesehen haben. Bringen Sie Verständnis für die Gefühle Ihres Kindes auf, damit es sich immer an Sie wenden möchte.
Den Selbstwert stärken: Mutproben und Challenges können sich sowohl auf dem Schulhof als auch im Internet verbreiten. In beiden Fällen ist es wichtig, dass Ihr Kind sich sicher fühlt, „nein“ zu sagen und nicht auf die Akzeptanz anderer angewiesen ist.
Handlungsmöglichkeiten aufzeigen: Inhalte in sozialen Netzwerken können gemeldet oder Content-Filter eingestellt werden, sodass möglichst nur altersgerechte Inhalte angezeigt werden. Auf jugendschutz.net können auf Basis des Jugendmedienschutzes zudem jugendgefährdende Verstöße gemeldet werden. Werden Inhalte über Klassenchats oder auf dem Schulhof verbreitet, beziehen Sie auch die Lehrkräfte Ihres Kindes mit ein. Sprechen Sie mit Ihrem Kind immer darüber, welche Schritte es alleine oder gemeinsam mit Ihnen durchführen möchte.
Emotionale Unterstützung anbieten: Möglicherweise entwickelt Ihr Kind Schlafprobleme, wirkt ängstlicher oder zeigt sogar aggressiveres Verhalten? Nehmen Sie diese Verhaltensweisen ernst. Zögern Sie nicht, sich in schweren Fällen professionelle Unterstützung zu suchen.
Abwechslungsreiche Offline-Angebote: Verbringt Ihr Kind zu viel Zeit im Netz? Das kann es ganz einfach mit dem Selbsttest von Ins Netz gehen herausfinden. Fördern Sie Aktivitäten im Freien und gemeinsame Erlebnisse, damit die reale Welt wieder mehr Raum einnimmt.
Als unterstützendes Mittel gegen Tasteless Content und andere unangemessene Inhalte können zudem Jugendschutzfilter und Sicherungen als Schutzmaßnahme eingesetzt werden, eine gute Übersicht dazu finden sie hier.
Werden Jugendliche älter, so wird auch der Wunsch nach Selbstständigkeit größer. Setzen Sie auf klare Regeln, Kommunikation und eine gute Beziehung, anstatt auf Verbote. Äußern Sie zudem Ihre Sorgen und Bedenken offen und tauschen Sie sich mit Ihrem Kind über seine Erfahrungen aus. Dies kann auch in einem allgemeinen Gespräch über Mediennutzung geschehen, unsere Tipps und Ratschläge können einen ersten Anstoß für ein solches Gespräch bieten.