Mit dem Eintritt ins Jugendalter haben Kinder zunehmend den Wunsch nach mehr Selbstständigkeit und wollen daher nicht immer alle Erfahrungen unmittelbar mit ihren Eltern teilen. Vor allem im Bereich der digitalen Medien und den sich ständig wandelnden Trends der Online-Welt bekommen Eltern oft den Eindruck, den Zugang zu ihren Kindern zu verlieren. Das ist verständlicherweise eine schwierige Situation für Eltern von Teenagern. Jedoch kann ein offener und unvoreingenommener Umgang mit dem Thema Mediennutzung helfen.
Hier finden Sie Tipps, wie Sie am besten über die digitale Mediennutzung in Ihrer Familie sprechen und Streit konstruktiv lösen können.
Die Herausforderungen der Pubertät
Viele Eltern von Jugendlichen sind besorgt und verunsichert hinsichtlich der Mediennutzung ihrer Kinder. Es ist nicht einfach, Kinder und Jugendliche bei einer selbstbestimmten Nutzung zu unterstützen und sie gleichzeitig vor exzessivem Gebrauch zu schützen. Für Eltern, vor allem in der ohnehin oft problematischen Zeit der Pubertät, ist dieser Spagat eine besondere Herausforderung.
Pubertierende erleben umfassende körperliche und psychische Veränderungen. Sie erwarten, dass ihre Eltern sie zunehmend wie Erwachsene behandeln und fordern neue Rechte ein. Dabei streben sie nach Unabhängigkeit von ihren Eltern, Selbstbestimmung und Eigenständigkeit. Diese Phase der Entwicklung ist ganz normal und bereitet Jugendliche darauf vor, als Erwachsene auf eigenen Beinen zu stehen.
Heranwachsende orientieren sich stärker nach außen und öffnen sich so neuen Einflüssen, die von Eltern nicht immer akzeptiert oder verstanden werden. Gerade der Einfluss des Freundeskreises oder die starken emotionalen Veränderungen, Ängste vor dem Erwachsenwerden oder generelle Unzufriedenheit begünstigen es, dass Teenager sich vermehrt in die digitale Welt flüchten. Hier finden sie schnell Zuspruch von Gleichaltrigen und Ablenkung vom Alltag.
All diese Veränderungen sind für Eltern nicht leicht. Sie müssen sich auf die neuen Situationen einstellen und lernen, mit diesen neuen Verhaltensweisen umzugehen. Es ist normal, wenn Sie daher erstmal nicht wissen, wie Sie mit Ihrem jugendlichen Kind umgehen sollen. Versuchen Sie geduldig zu bleiben und verlassen Sie sich auf Ihr Bauchgefühl.
Miteinander reden – Ansätze für zu Hause
Eltern leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass Jugendliche sich zu selbstbewussten und gesunden Erwachsenen entwickeln können. Dafür ist es ratsam, wenn Sie als Elternteil über Aktivitäten und Kontakte Ihres Kindes informiert sind und ihm gleichzeitig Gestaltungsspielräume zugestehen. Damit dies gut funktioniert, sollten Sie mit Ihrem Kind im Gespräch bleiben. Da dies – gerade in der Pubertät – nicht immer so einfach ist, finden Sie hier einige konkrete Vorschläge, wie Sie ein solches Gespräch in Bezug auf die Mediennutzung gestalten können.
Tipp 1: Interesse zeigen
Jugendlichen sind ihre Erfahrungen in der digitalen Welt sehr wichtig. Auch wenn Sie die große Faszination für Computer und Internet bei sich selbst vielleicht nicht verspüren, ist es hilfreich, wenn Sie sich trotzdem darüber informieren. Zeigen Sie deshalb Interesse für die Begeisterung Ihres Kindes und tauschen Sie sich über die verschiedenen Interessensgebiete aus. So fühlt sich Ihr Kind ernst genommen und öffnet sich.
Sie können z. B. mit Ihrem Kind darüber sprechen, was es an den Spielen bzw. den Internetangeboten gut findet und wie seine Freundinnen und Freunde darüber denken. Lassen Sie sich erklären, warum bestimmte Online-Angebote für Ihr Kind so wichtig sind. Versuchen Sie, Interesse an den Spielen zu zeigen, die ihr Kind spielt, und tauchen Sie vielleicht einmal selbst in die virtuelle Welt mit ein, damit Sie sehen, worum es geht.
Tipp 2: Unwissen zugeben
Es ist ganz normal, dass Sie vielleicht wenig Interesse an Computerspielen oder den Weiten des Internets haben. Um diese Lücke zwischen Ihnen und Ihrem Kind zu schließen, kann es hilfreich sein, Ihrem Kind zu erzählen, wie Sie das Thema Computer und Internet sehen. Dabei können Sie ruhig Ihre eigene Haltung klar darstellen, z. B. wenn Sie unsicher sind, was die Nutzung des Internets betrifft. Oder dass Sie befürchten, etwas falsch zu machen.
Gestehen Sie Ihrem Kind zu, dass es auf dem Gebiet der Computer- und Internetnutzung möglicherweise mehr Ahnung hat als Sie selbst. Das schafft eine positive und anerkennende Grundstimmung und ermöglicht einen gegenseitigen Austausch sowie gemeinsame Lernerfahrungen.
Tipp 3: Gemeinsame Zeit finden
In unserer hektischen Zeit ist es für Eltern nicht immer einfach, genügend Zeit für Familienaktivitäten zu finden. Ihr Kind trifft sich regelmäßig mit Freundinnen und Freunden und auch Sie haben viele Termine, die Sie wahrnehmen müssen. Kleine Rituale und gemeinsame Unternehmungen können die Eltern-Kind-Beziehung stärken: Vom gemeinsamen Frühstück und/oder Abendessen bis hin zu einem Familienurlaub haben Sie hier viele Möglichkeiten, um gemeinsam Zeit zu verbringen.
Dabei ist es hilfreich, wenn Sie darauf achten, dass bei gemeinsamen Mahlzeiten oder bei Ausflügen keine digitalen Geräte wie Smartphone oder Fernseher stören. So können sich alle Familienmitglieder in Ruhe austauschen und die gemeinsame Zeit genießen.
Tipp 4: Ihre Position klarstellen
Falls Sie selbst im Umgang mit Computern und dem Internet "fit" sind, können Sie das zu Ihrem Vorteil nutzen. So kann sich Ihr Kind an Ihren Einstellungen zum Computer- und Internetgebrauch orientieren.
Wenn Sie z. B. eingestellt haben, dass auf Ihrem Computer zuhause bestimmte Internetbereiche für Jugendliche durch ein Schutzprogramm gesperrt werden, sollten Sie Ihrem Kind erklären, warum diese Maßnahmen wichtig sind. Oder wenn Sie möchten, dass Ihr Kind vorsichtig ist, was persönliche Daten im Internet betrifft, sollten Sie das miteinander besprechen.
Miteinander streiten – Das können Eltern beachten
Gerade in der Pubertät kommt es in der Familie häufiger zu Streitsituationen. Jugendliche wollen Regeln hinterfragen und Grenzen austesten. Das verlangt von Eltern viel Geduld und Gesprächsbereitschaft. Gerade Mediennutzungszeiten sind ein häufiges Streitthema zwischen Eltern und Kindern. Um eine lösungsorientierte und gesunde Streitkultur zu etablieren, ist es ratsam, diese Tipps zum richtigen Streiten zwischen Eltern und Kindern einzuhalten.
Tipps zum richtigen Streiten
Sorgen Sie für eine gute Gesprächsatmosphäre. Sind die Gemüter zu erhitzt, ist es ratsam, das Gespräch abzubrechen und zu einem späteren Zeitpunkt neu aufzunehmen.
Überlegen Sie sich nach Möglichkeit vorher, was Sie im Gespräch sagen möchten.
Beide Parteien sollten einander ausreden lassen und die Argumente des anderen ernst nehmen.
Fragen Sie nach, wenn Sie ein Argument Ihres Kindes nicht nachvollziehen können oder etwas nicht richtig verstanden haben.
Treffen Sie keine voreiligen Entscheidungen, sondern diskutieren Sie Ihren und den Standpunkt Ihres Kindes erst aus.
Kritisieren Sie sachlich das Verhalten Ihres Kindes, jedoch nie die Persönlichkeit.
Schildern Sie Ihr Anliegen anhand einer konkreten Situation. So kann Ihr Kind Ihre Argumentation besser nachvollziehen.
Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Verbote und Kritik nichts an einer liebevollen Eltern-Kind-Beziehung ändern.
Im Idealfall kommen Sie am Ende des (Streit-)Gesprächs zusammen mit Ihrem Kind zu einer Lösung für das besprochene Problem. Im Fall der Mediennutzung sind hier gemeinsam aufgestellte Medienvereinbarungen eine gute Lösung, um den Medienkonsum Ihres Kindes im Auge zu behalten. Hat Ihr Kind dabei Mitspracherecht und wurden seine Wünsche und Bedenken ernst genommen, versteht Ihr Kind besser, warum diese Vereinbarungen wichtig sind. Es ist somit eher geneigt, sich an diese zu halten.
Zudem ist es ratsam, in diese Vereinbarung auch Regeln zu integrieren, die für alle Familienmitglieder gelten. So fühlt sich Ihr Kind nicht allzu kontrolliert und Sie können gleichzeitig mehr über Ihr eigenes Medienverhalten lernen.
Finden Sie bei einem Streit keine Einigung mit Ihrem Kind oder entzieht es sich regelmäßig klärender Gespräche, kann das für Eltern eine belastende Situation sein. Auch hier können die Veränderungen der Pubertät eine Rolle spielen. Daher ist es manchmal ratsam, sich Hilfe von außen zu holen z. B. bei einer Beratungsstelle.
Über problematisches Verhalten reden
Machen Sie sich Sorgen, dass Ihr Kind ein problematisches Medienverhalten entwickelt hat? Dann sollten Sie Ihre Sorgen und Bedenken offen bei Ihrem Kind ansprechen. Oft reagieren Teenager genervt und abweisend, wenn Sie das Thema unvermittelt ansprechen. Daher ist es hilfreich, sich Zeit für das Gespräch zu nehmen und vorzubereiten.
In unserem PDF haben wir Ihnen einen Gesprächsleitfaden für Gespräche über das Mediennutzungsverhalten zusammengestellt. Diesen können Sie sich downloaden und die Tipps in das Gespräch mit Ihrem Kind einbauen.
Sind Sie sich unsicher oder blockt Ihr Kind das Gespräch trotz aller Vorbereitung völlig ab, ist es ratsam, sich professionelle Unterstützung zu suchen. In unserem Beratungsstellenfinder finden Sie Hilfsangebote in Ihrer Nähe, die Sie jederzeit beanspruchen können. In manchen Situationen ist es für Eltern schwierig, mit dem Kind zu reden oder eine Lösung zu finden. Hier hilft der professionelle Blick von außen und wirft neue Perspektiven auf.