Die Grenze zwischen einer normalen und einer gesundheitsgefährdenden Mediennutzung zu bestimmen, ist für Eltern keine leichte Aufgabe. In der Jugendkultur haben Online-Aktivitäten, soziale Netzwerke und Videospiele einen hohen Stellenwert und werden von Jugendlichen daher häufig genutzt. Das Handy ist ein ständiger Begleiter und auch der Computer oder die Konsole werden in der Freizeit gerne genutzt. Eltern fällt es verständlicherweise schwer, die Medienzeiten der Kinder im Blick zu behalten. Es stellt sich die Frage: Wann verbringen Teenager zu viel Zeit vor dem Bildschirm?
Wenn sich Ihr Kind phasenweise sehr intensiv mit einem Computerspiel oder einem Internetangebot beschäftigt, ist das allein noch kein Grund zur Besorgnis. Eine solche Faszination kann auch schnell wieder abnehmen. Es gibt allerdings einige Anzeichen, an denen Sie erkennen können, wann die Mediennutzung zum Problem wird.
Ist mein Kind süchtig?
Es lässt sich kein genauer Zeitpunkt definieren, ab dem Kinder und Jugendliche zweifelsfrei ein Problem mit der Computernutzung oder gar eine Mediensucht entwickelt haben. Der Prozess hin zu einem besorgniserregenden Nutzungsverhalten erfolgt meist schleichend. Es ist für Eltern daher häufig schwierig, bei ihren Kindern die Grenzen zwischen unproblematischem und problematischem Mediengebrauch sofort festzustellen. Sind Sie sich also unsicher, wie Sie das Medienverhalten Ihres Kindes einschätzen sollen, ist das ganz normal. So geht es vielen Eltern. Daher finden Sie hier einige Anzeichen, auf die Sie achten können, um den Mediengebrauch Ihres Kindes besser beurteilen zu können.
Zunächst ist es ratsam zu beobachten, wie lange und vor allem wofür Ihr Kind Medien nutzt. Als Unterstützung können Sie dafür unser Medientagebuch verwenden. Gerade bei Jugendlichen ist es schwer, feste Medienzeiten einzuführen und zu kontrollieren. Richtwerte finden Sie in unserem Artikel "Medienzeiten festlegen". Allerdings sollten Sie diese nur als Empfehlungen betrachten und immer die individuelle Situation in die Entscheidung über Medienvereinbarungen einbeziehen.
Ein weiteres Kriterium dafür, ob Ihr Kind ein problematisches Verhalten entwickelt, ist die Persönlichkeit Ihres Kindes und die aktuelle Lage, in der es sich befindet. Hier kann z. B. der Freundeskreis einen Einfluss auf das Medienverhalten nehmen, aber auch fehlende soziale Kontakte oder Stress können eine problematische Mediennutzung begünstigen.
Besondere Anzeichen für ein potenzielles Suchtverhalten
Ihr Kind nimmt Medien als Trostspender wahr und flüchtet sich so aus der realen Welt.
Ihr Kind setzt Medien zur Stressregulation ein.
Medien sind Ihrem Kind wichtiger als die reale Welt.
Medien bestimmen die Freizeitgestaltung Ihres Kindes maßgeblich. Vorherige Hobbys werden nicht mehr wahrgenommen.
Ihr Kind nimmt gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen in Kauf (z. B. ständige Müdigkeit, Haltungsschäden oder den Verlust sozialer Kontakte).
Ihr Kind vernachlässigt schulische und häusliche Pflichten.
Auf diese Signale können Sie achten und so die Situation ein bisschen besser einschätzen. Zudem ist es ratsam, auch die Situation, in welcher sich Ihr Kind befindet, von allen Seiten zu betrachten. So können Sie leichter die Ursache für Verhaltensänderungen erkennen. Immerhin kennen Sie Ihr Kind am besten und wissen, wenn es sich anders verhält als sonst. Vertrauen Sie daher auch Ihrem Bauchgefühl.
Sind Sie sich nicht sicher, wie Sie das Nutzungsverhalten Ihres Kindes einschätzen sollen? Dann können Sie unseren Fragebogen nutzen. Anhand gezielter Fragen können Sie so die Situation besser einschätzen und erhalten eine detaillierte Auswertung.
Sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass Ihr Kind bereits ein Problem in Bezug auf Medien entwickelt hat, dann bleiben Sie erstmal ruhig. Es ist ganz verständlich, dass Sie sich Sorgen machen. Sprechen Sie im ersten Schritt mit Ihrem Kind über Ihre Sorgen und Ängste. Allerdings sollten Sie damit rechnen, dass es Probleme zunächst abstreitet, nicht einsieht oder generell nicht sofort gesprächsbereit ist. Versuchen Sie für die Situation Ihres Kindes Verständnis aufzubringen, auch wenn das nicht immer leicht ist.
Im Gespräch ist es ratsam, dass Sie Ihr Kind ernst nehmen und einfühlsam bleiben. Machen Sie ihm keine Vorwürfe, sondern versuchen Sie ein ruhiges Gespräch über Ihre Bedenken und mögliche Ursachen zu führen. Strikte Verbote helfen Ihnen bei der Lösung des Problems nicht unbedingt weiter. Vielmehr bietet es sich an, dass Sie zusammen mit Ihrem Kind Vereinbarungen treffen und schrittweise zurück zu einer gesunden Mediennutzung finden.
Haben Sie das Gefühl, diese Situation nicht allein lösen zu können, dann ist es hilfreich, Unterstützung zu Rate zu ziehen. Anlaufstellen in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Beratungsstellendatenbank. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen helfen Ihnen gern weiter und können Sie und Ihr Kind bei der Lösung des Problems unterstützen. Die ausgebildeten Fachkräfte verstehen Ihre Probleme und Sorgen. Mithilfe Ihrer Expertise und Ihrer Erfahrung finden Sie zusammen mit Ihnen eine Lösung für die Situation.
In diesem Video erklärt Dr. med. Bert te Wildt, Leiter der Onlinesuchtambulanz OASIS, die Gefahren von Mediensucht, ihre Erscheinungsformen und was man als Außenstehender tun kann: Experteninterview: Fragen zur Mediensucht